Historisches und Kirchbau

Teil 1
Die Rettungaktion von St. Gertrud (über die Sanierungsmaßnahmen 1995-98)

Teil 2
Katholische Gotteshäuser in Eller (Tabellarische Übersicht)

Teil 3
Übersicht:
Die Entwicklung Ellers und der Kirche in Eller
Die Pfarrkirche
Baugeschichte
Baubeschreibung
Ausstattung
Kirchenschatz
Städtebauliche Einordnung
Ansicht der Kirche und Grundriß

Teil 4
Aus einer Festschrift von 1950:
600 Jahre St. Gertrudis, eine Chronik
Das Schicksal der St. Gertrudiskirche im Kriege

 

Die Entwicklung Ellers und der Kirche in Eller (zum Anfang)

Die Urspünge des Dorfes Eller scheinen auf einen Hof des Gerresheimer Stiftes zurückzugehen, in dessen Heberolle aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts der Ort erstmals erscheint.

Älter als dieses Dokument ist die Familie derer von Eller. Der erste bekannte Vertreter dieses Geschlechts, ein Gumpert von Elnere, ist für das Jahr 1151 nachzuweisen. Seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts sind Mitglieder der Familie als Waldgrafen des Bilker Forstes in der Gegend des Ortes Eller ansässig. Die erste Erwähnung von Haus Eller, einer wasserburgähnlichen Anlage, fällt in das Jahr 1309. Knapp sechzig Jahre später sprechen die Quellen von einem Kirchlein in Eller, das sich vermutlich innerhalb des befestigten Sitzes der dortigen Herren befunden hat. In ihm wurde der Gottesdienst für die Bewohner des Schlosses und für die wenigen Einwohner des in der Nähe gelegenen Dorfes gehalten. Der dort angestellte Geistliche wurde vom jeweiligen Besitzer des Hauses Eller bestellt; die Investitur erfolgte vom Stift in Gerresheim aus, dessen Filiale die Kapelle in Eller war.

1424 kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen den Herren von Eller und dem Herzog Adolf von Berg, die damit endete, daß die ehemaligen Eigentümer den Besitz lediglich als Lehen zurückerhielten. Schon 1448 mußten sie das Haus Eller an einen Ritter Adolf von Quade abtreten. Dieser verfügte im Jahre 1469 in seinem Testament die Errichtung eines Altares zu Ehren der Heiligen Hubertus und Nikolaus. Der Überlieferung zufolge ließ derselbe Ritter auch eine neue, größere Kapelle innerhalb der Schloßanlage bauen. Seit 1511 bestand an der Kapelle durch die Stiftung des Coen von Einenburg und seiner Frau Margarete von Nesselrode auch eine großzügig dotierte Vikarie St. Gertrud.

Die Folgezeit ist gekennzeichnet durch einen ständigen Wechsel der Bewohner des Schlosses und damit des Patronatsherrn des Kirchleins. Diese Unbeständigkeit endete im Jahre 1711, als Herzog Johann Wilhelm den Besitz an sich zog.

Schriften des 19. Jahrhunderts berichten, daß Eller im Jahre 1624 der Jurisdiktion des Gerresheimer Stiftes entzogen und zur selbständigen Pfarrgemeinde erhoben worden sei. Die Kapelle wurde demnach Pfarrkirche und der Schloßgeistliche Pfarrer der Kirchengemeinde in Eller.

Zu Beginn des vorigen Jahrhunderts, der Ort hatte etwa die Zahl von 800 Einwohnern erreicht, war der längst überfällige Bau einer neuen Kirche in Eller unaufschiebbar geworden. Erste diesbezügliche Korrespondenzen mit den Behörden des damaligen Großherzogtums Berg stammen aus dem Jahre 1813. Mehr als ein Jahrzehnt später sollte jedoch noch verstreichen, bis 1827 mit der Errichtung einer kleinen klassizistischen Kirche im Dorfe Eller begonnen werden konnte. Die Bauaufsicht führte die von Adolph von Vagedes geleitete Abteilung der Düsseldorfer Regierung; die Pläne stammten vom Baumeister Walger, einem der Vagedes unterstellten Beamten, und wurden von Karl-Friedrich Schinkel in Berlin leicht geändert. Im Mai 1829, nach Abschluß der Arbeiten, wurde die neue Gertrudiskirche, wohl das dritte Gotteshaus in Eller, jedoch das erste außerhalb des Schloßgeländes, geweiht.

Das Schloß hatte in dieser Zeit erneut seinen Besitzer gewechselt. Die Gebäude wurden größtenteils erneuert, eine Schloßkapelle sollte jedoch nicht mehr gebaut werden. Bis zum Jahre 1938, als die Stadt Düsseldorf die Anlage erwarb, sah das Schloß noch eine Vielzahl von Eigentümern kommen und wieder gehen. Nach einer gründlichen Renovierung am Ende der sechziger Jahre dieses Jahrhunderts richtete die Stadt dort die Modeschule Düsseldorf ein, nachdem der Bau in den Jahrzehnten zuvor verschiedenen anderen Zwecken gedient hatte.

Auch die 1827 bis 1829 erbaute Kirche wurde für die im Zuge der Industrialisierung enorm gewachsene Gemeinde zu klein. Erste Verhandlungen mit dem Architekten Wilhelm Sültenfuß über ein neues Gotteshaus fanden schon vor 1896 statt. 1901 fertiggestellt, konnte die Kirche im gleichen Jahr auf den Namen der hl. Gertrud, deren Verehrung in Eller schon eine jahrhundertealte Tradition besitzt, konsekriert werden. Der letzte Gottesdienst in der unter Vagedes errichteten Kirche fand am 18. März des Jahres 1901 statt. 1909 wurde Eller ein Stadtteil Düsseldorfs.

Bei einem Luftangriff im Sommer 1943 wurde die Kirche fast ganz zerstört. Bis 1948 dauerte der Wiederaufbau. Anfang der sechziger Jahre erwiesen sich die in den schwierigen Nachkriegsjahren unternommenen Reparaturarbeiten als unzureichend. Mehrjährige Restaurierungsmaßnahmen waren die Folge. Erst im November 1975 konnte die Gemeinde ihre erneuerte Pfarrkirche wieder in Gebrauch nehmen, der gegenüber ein großzügiges neues Pfarrheim errichtet wurde.

Am 17. März 1974, dem Fest der hl. Gertrud, wurde durch Weihbischof Frotz in einem Außenbezirk der Pfarre eine von den Architekten Thoma und Geiser entworfene Filialkirche konsekriert. Zur Patronin erkor man die hl. Hedwig. Daneben wird auch im Luisenheim, seit den sechziger Jahren als Altenheim genutzt, Gottesdienst gefeiert. Im Jahre 1980 erhielt die St.-Gertrud-Kirche einen neuen Turmhelm, nachdem der Kirchturm seit 1943 als Torso in den Himmel geragt hatte.Erwähnenswert ist schließlich, daß St. Gertrud, die zweitgrößte Pfarrei der Stadt Düsseldorf, Partnerschaften zu fünf Gemeinden in drei Kontinenten hält.
 
 

Die Pfarrkirche

Burgkapellen seit dem 14. Jahrhundert bis 1827, Vorgängerbau in Eller 1827-1829 (Entwurf Anton Walger, revidiert Karl-Friedrich Schinkel, Berlin) Neubau 1900-1901 (Wilhelm Sültenfuß). Wiederaufbau 1943-48 (Peter-Josef Baum und Franz Angerer), Restaurierung 1968-75, Turm 1979-1980 (Paul Maier-Lamers und Heinz Otten). Dreischiffige Backsteinbasilika mit Portalturm, 470 Plätze. (Zum Anfang)

Baugeschichte: Das Patronat knüpft an die Burgkapelle St. Gertrud von 1368 an. Die neue Pfarrkirche, deren Entwurf von Schinkel revidiert worden ist, wurde 1827 auf dem Grundstück Gumbertstraße 185 nach den Plänen von Schlüter und Walger errichtet. Die fünfachsige klassizistische Hallenkirche mit Ostturm konnte 1901 nach Errichtung der neugotischen Pfarrkirche durch Sültenfuß, die erst 1934/35 ausgemalt wurde, abgerissen werden. Die Bausubstanz des 1943 fast ganz zerstörten Baus war 1948 wieder gesichert. In mehreren Phasen wurde der Sakralbau im Inneren neu gestaltet und bis 1980 vollständig restauriert. Gleichzeitig konnte der achtseitige Turmhelm in seiner ursprünglichen Form wiederhergestellt werden. (Zum Anfang)

Baubeschreibung: Nach der Restaurierung vermittelt die St.-Gertrudis-Kirche, die neben St. Cäcilia in Benrath eine der bestgelungenen des Architekten Sültenfuß ist, im Inneren wie im Äußeren einen guten Eindruck von neugotischem Stilempfinden. Die dreischiffige Basilika entwickelt sich auf kreuzförmigem Grundriß. Den drei querrechteckigen kreuzrippengewölbten Mittelschiffjochen entsprechen je drei längsrechteckige Kreuzrippengewölbe in den Seitenschiffen. Das über die Flucht der Seitenschiffwände hinauswachsende Querhaus endet beidseitig mit einem Dreiachtelabschluß.

Der Wandaufbau verrät, daß das ursprüngliche Vorjoch mit dem Polygonalabschluß zusammengefaßt worden ist. Das Querhaus, das in einer quadratischen Vierung durchdringt, öffnet sich in gotischen Bögen zu den niedrigen Seitenschiffen. Die das Chorhaus in Seitenschiffbreite flankierenden Chorkapellen schließen mit zwei Seiten eines Sechsecks ab. Die mit einem Sterngewölbe überdeckte Vierung ruht auf profilierten Scheidebögen, die über Dreiviertelsäulen nach unten abgeleitet werden. Die drei Joche des Längsschiffs sind durch Rippen getrennt. Die Mittelschiffwände öffnen sich analog zu den Jochen in drei spitzbogigen Arkaden mit Rundsäulen und breitausladenden Kapitellen. Diese nehmen gleichzeitig die in Fortsetzung der Gewölberippen zugeordneten Dienste auf. Die Obergadenwand des Mittelschiffs ist bedingt durch die hochansetzenden Seitenschiffgewölbe fensterlos. Im Äußeren fällt der knappe Dachversprung zwischen Haupt- und Nebenschiff auf. Über dem Pultdach der Seitenschiffe wird das fensterlose Mauerwerksband, etwa 1,50 m hoch, sichtbar.

Charakteristisches Baumaterial sind die roten Ziegel- und die Sandsteingliederungen. Einzige Gestaltungselemente der glatten, auf einem Sockel aufstehenden Außenwände sind die dreifach abgetreppten Strebepfeiler und das sich in Höhe der Sohlbänke um den ganzen Kirchenbau herumziehende Kaffgesims. Der durch eine Blendarchitektur reichgegliederte Turm ist in der Achse des Mittelschiffs vorgebaut. Er öffnet sich an der rechten Seite zu einer senkrecht zur Hauptachse gestellten Kapelle. Die im Grundriß anderthalbjochige Kapelle, deren Chor auf drei Seiten eines Achtecks endet, bildet gleichzeitig den Seitenschiffabschluß. An der linken Seite des Turmes schmiegt sich in der Fortsetzung des Seitenschiffs eine mit zwei Seiten eines Sechsecks polygonal ausladende Pieta-Kapelle an. Das Hauptportal, in dem dreigeschossigen Turm, wird durch einen wimpergartigen, von Fialen übergiebelten Vorbau, aus dem ein hohes Maßwerkfenster mit einer großen Rosette emporwächst, gekennzeichnet.

Die bis in die Mitte des letzten Mittelschiffjochs eingeschobene Orgelbühne überdeckt die Eingangszone. Die auf Säulen mit hohen Basen und Knospenkapitellen ruhende, plastisch durchgebildete Empore mit Maßwerkbalustrade wirkt wie in den Raum hineingestellt. Der Eindruck wird noch verstärkt durch die westwerkartige Öffnung des Turms, die den Blick auf das Maßwerkfenster mit der großen Rosette freigibt.

Das Turmfenster ist die einzige obere Lichtquelle des Mittelschiffs in der fensterlosen Obergadenwand. Die dreibahnigen Maßwerkfenster der Seitenschiffe dienen der Hauptbelichtung. Während das Längsschiff indirekt über die Seitenschiffe belichtet wird, konzentriert sich das durch ein dreibahniges Mittelfenster und große Seitenfenster fallende Licht im Chorhaus und in der Vierung.

Der von Hartmann sehr schön empfundene Fensterzyklus mit kleinmaßstäblicher figürlicher Darstellung, der als der geschlossenste seiner Art im niederrheinischen Raum gilt, ist weitgehend in Erdfarben gehalten. Das subtile Farbenspiel steht in harmonischem Einklang mit der Ausmalung der Kirche, deren Farbgebung auf die Fenster abgestimmt ist. Gangolf Minn hat die Putzflächen weiß gelassen. Die Gewölbeglieder im Bereich der Schlußsteine sind mit einer feinen Ornamentik verziert. Das Blattwerk der Kapitelle wurde farbig gefaßt. Der Grundton der Kapitelle und Rippen ist rot. Die Scheidebögen und Säulen sind im Sandsteinton gehalten. Eine feine Fugenteilung gliedert die Architekturteile. Der Grundriß der Vierung ist als Sakralinsel neu gestaltet worden. Ein weißer Marmorblock mit goldfarbenen geometrischen Reliefs von Olaf Höhnen bildet den kultischen Mittelpunkt der erhöhten Altarinsel, die durch einen Gang vom Hochaltar getrennt ist. (Zum Anfang)

Ausstattung: Das Schnitzwerk des von seinen Aufbauten befreiten neugotischen, als Sakramentaltar dienenden Hochaltars ist zusammen mit dem Chorgestühl bestimmendes Gestaltungselement des erhöhten Chorraumes. Zu den wertvollen restaurierten neugotischen Ausstattungsstücken gehört auch die vom nordöstlichen an den südöstlichen Vierungspfeiler verlegte geschnitzte Kanzel. Von den beiden Chorkapellen dient die linke als Taufkapelle, in der rechten steht eine 1939 von E. Hövel geschaffene Statue der heiligen Gertrud, eines der wenigen Kultbilder dieser Zeit. Große spätbarocke Gemälde aus Maria Laach schmücken die Querhauswände. Die wahrscheinlich um 1900 in München entstandenen Kreuzwegreliefs fügen sich ebenso wie die neugotischen Beichtstühle in den Nischen unter den Seitenschiffenstern gut in den restaurierten Kirchenraum ein. Die Seitenschiffkapelle links neben dem Eingang ist mit Retabeln der ehemaligen Seitenaltäre geschmückt. (Zum Anfang)

Kirchenschatz: Aus dem Kirchenschatz verdient eine alte Kußreliquie, die als Dreipaß mit einem runden Schaugefäß gestaltet ist, neben Kultgerät aus dem 19. Jahrhundert, darunter eine Monstranz, die einem Dorstener Vorbild nachgearbeitet worden ist, besondere Beachtung.
(Zum Anfang)

Städtebauliche Einordnung: Die Kirche steht als monumentale Anlage auf einer gepflasterten Fläche in der Achse des Gertrudisplatzes. Der weite Vorplatz vermittelt dem Bauwerk die städtebaulich erforderliche Distanz. Der rückwärtige Teil des umbauten Gertrudisplatzes ist ganz von der Kirche ausgefüllt. Die Gertrudistraße setzt sich in der Blickachse auf das Chorhaus mit dem 1872 in der Sockelzone errichteten Missionskreuz fort. (Zum Anfang)

Ansicht der Kirche und Grundriß:  (Zum Anfang)

(Zum Anfang)

Quelle: Düsseldorf, Stadt und Kirche, 2. Auflage, 1982